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3. Der freie Wille

Der Wille gilt allgemein als das Vermögen, einen Gedanken in die Tat umzusetzen. Freiheit ist der Charakter einer Kausalität, die nicht bedingt ist, also das Vermögen, etwas Neues anzufangen aus absoluter Spontaneität heraus. Der freie Wille ist, im Gegensatz zur bloßen Willkür, die seine Grundlage ist, durch Vernunft bestimmt. Bei der Wahl zwischen zwei oder mehr Alternativen ist der Wille dann frei, wenn er aus Vernunftgründen entscheidet und handelt. Der Wille als sinnliches Begehrungsvermögen ist von dem Gegenstand des Begehrens und der eigenen Körperbeschaffenheit abhängig, hat aber dennoch immer auch ein Moment von Freiheit, wenn er Alternativen wählen kann und sich durch Vernunft leiten lässt. Die Willkür, weil sie keinen Vernunftgründen folgt und sich sozusagen spontan entscheidet (darauf reduziert die Hirnforschung den freien Willen), ist abhängig von den einzelnen inneren Impulsen und den einander widersprechenden Verlockungen der Gegenstände und insofern unfrei bzw. in ihrer Freiheit äußerst reduziert.

Willkür, Begehrungsvermögen, Wille, Freiheit, Verstand, Vernunft und andere Vermögen wie Einbildungskraft und Urteilskraft sind notwendige Bestimmungen des Bewusstseins, ohne die wir keine Menschen wären. Sie sind notwendige Bedingungen der Möglichkeit menschlicher Existenz als vernunftbegabter Sinnenwesen, kommen also allen Menschen zu.

Wenn Kurzdenker eine Theorie nicht verstehen oder verstehen wollen, dann suchen sie sich oft einen Satz heraus, ziehen daraus absurde Konsequenzen und erklären dann die Theorie für falsch. Die Manier von bildungsfeindlichen Schülern wenden auch Kautsky und andere bis heute an, indem sie den freien Willen als idealistische Schrulle abtun und ihre falsche Vorstellung vom Willen dann noch Marx unterstellen, um ihr Nichtverstehen autoritativ abzusichern. Kautsky hält den freien Willen für eine Konfusion: „Sie beruht einmal auf der Gleichsetzung von Willen mit freiem Willen. Marx hat nie die Bedeutung des Willens und die ‚Riesenrolle der menschlichen Persönlichkeit’ für die Gesellschaft verkannt, er hat nur die Freiheit des Willens geleugnet, was etwas ganz anderes ist.“ (Macht, S. 38) (4) Ein Wille jedoch, der die Wahl hat und unfrei ist, stellt eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich dar. Hat der Wille aber keine Wahl wie bei Kautsky, dann ist es kein Wille.

Für Kant ist es der Beweis für den absolut freien Willen, dass er sich entschließt, ein Gesetz allein aus Vernunft zu geben. Das Moralgesetz, einen Menschen niemals bloß als Mittel, sondern immer auch als Zweck an sich selbst zu behandeln, ist solch ein Vernunftgesetz (siehe unten). Also gibt es den absolut freien Willen. Denn die Vernunft als reine, ist bedingungslos, insofern sie nichts Empirisches, also keinen Bedingungen aus der Wirklichkeit unterliegt. (Insofern der Stand der Vernunft selbst historisch ist und damit bedingt, ist hier nicht Thema, auf jeden Fall gelten die wahren Resultate der Vernunft als bedingungslos. Man kann nicht sagen, das Moralgesetz gilt einmal, unter anderen Umständen gilt es nicht.) Dieser absolut freie Wille geht auch nicht verloren, wenn der Wille sich aus der Innerlichkeit der Vernunft heraus und der empirischen Wirklichkeit in der Praxis zuwendet.

Eine Erkenntnis, ein Gesetz, eine Regel aufstellen, die vordem nie da war, hat zwar Bedingungen zur Voraussetzung, z.B. ungelöste Widersprüche bisheriger Theorie, das gesellschaftliche Bedürfnis nach neuer Erkenntnis usw., aber das Neue an der Erkenntnis kommt nicht von selbst, es war vordem nicht da und ist deshalb immer auch eine Setzung durch menschliche Kreativität und Spontaneität. Spontaneität aber heißt, einen Zustand von neuem anzufangen, also Kausalität aus Freiheit, die selbst nicht wieder unter einer Bedingung stehen kann. Da der Wille an allen inneren oder äußeren Handlungen beteiligt ist, muss auch jede Handlung ein Moment absoluter Freiheit haben.

Dieses Moment absoluter Freiheit des Willens kommt auch allen anderen Entscheidungen zu, die willentlich sind, also eine Wahl zwischen mindestens zwei Alternativen gestatten – seien die Umstände der Wahl auch noch so bedingt. Denn wenn der Wille die Wahl hat, zwischen den Alternativen zu entscheiden, ohne dass dies vorher festegelegt wurde oder Zwang im Spiel ist, dann ist immer ein Moment von absoluter Freiheit der Wahl vorausgesetzt.

Einen Willen aber, der von vornherein unfrei ist und doch ein Wille sein soll, kann es nicht geben, weil es keine Freiheit ohne Willen und keinen Willen ohne Freiheit geben kann. „Die Schwere macht den Körper aus und ist der Körper. Ebenso ist es mit der Freiheit und dem Willen, denn das Freie ist der Wille. Wille ohne Freiheit ist ein leeres Wort, so wie die Freiheit nur als Wille, als Subjekt wirklich ist.“ (Hegel: Rechtsphilosophie, S. 25; § 4 Zusatz)

Bei Kautsky wird der Wille auf den „Willen zu leben“ restringiert. „Jede Form des Wollens ist in letzter Linie auf den Willen zu leben zurückzuführen.“ (Macht, S. 39) Der Wille wird bei Kautsky zur Naturbestimmung, er „wird zum Instinkt, zum Triebe, den das Individuum schließlich unter allen Umständen folgt“ (a.a.O. S. 39), womit Kautsky zugleich die Differenz von Geist und Materie und den allgemeinen Determinismus „begründet“ hat. Solche Naturalisierung kultureller und geistiger Erscheinungen ist nicht nur krude bürgerliche Ideologie, wie sie heute in der Hirnforschung wieder aufersteht, sie ist eine bloße Behauptung von Kautskys sozialem Darwinismus (nicht zu verwechseln mit „Sozialdarwinismus“ der Faschisten). Denn wenn alles determiniert ist, müsste auch mein Bewusstsein determiniert sein, dann aber hätte es keine Freiheit, seine Aussagen mit dem Gegenständen zu vergleichen und ihre Übereinstimmung zu überprüfen; es könnte also auch gar nicht sagen, dass alles determiniert sei oder dass der Wille die Freiheit hätte oder nicht hätte, Begriff und Sache zu überprüfen.

Indem Kautsky seine falsche „Weltanschauung“ in der Sprache kommuniziert, verwendet er implizit Kategorien, Formen des Urteilens und Schließens, dies aber sind unbedingte Begriffe, die allein aus der Vernunft bzw. dem Geist stammen, nicht aus der naturalisierten Wirklichkeit. Sie setzen den absolut freien Willen der Denker voraus, die sie einmal begründet haben, auch wenn deren absolute Spontaneität im Resultat, den logischen Bestimmungen, erloschen ist und Kautsky u. a. Leugner des freien Willens dann bewusstlos mit ihnen hantieren können.

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2009