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2. Das logische Ich

Das menschliche Bewusstsein unterscheidet sich vom tierischen mehr sinnlich-anschaulichen Bewusstsein durch das begriffliche Denken und das Selbstbewusstsein (Bewusstsein vom Bewusstsein). Dadurch können wir uns nicht nur allgemeine Dinge vorstellen, sondern auch Zusammenhänge, die nicht mehr anschaulich sind, begreifen. Ein solches Begreifen geschieht mittels Sprache: Einem sprachlichen Subjekt (Gegenstand) werden Prädikate (sachliche Eigenschaften) zugeordnet. Zum Beispiel in dem Urteil:

„Massen ziehen sich an.“

Dieses physikalische Gesetz ist nicht anschaulich, auch nicht einfach in der empirischen Wahrnehmung gegeben. (Die Menschen wissen seit Jahrtausenden, dass Körper nach unten fallen, aber dass sie sich gegenseitig anziehen, wissen sie erst seit Newton.) Um dieses Gesetz aufzustellen, ist eine absolute Spontaneität des Denkens vorausgesetzt. Erst ein gezieltes Experiment, dem wiederum die absolute Spontaneität des Denkens (der Setzung des Beweiszieles usw.) zugrunde liegt, zeigt uns nun diese Anziehung auch experimentell, die wir dann verallgemeinern. „Allein die Möglichkeit, ein Experiment aufzubauen, setzt Freiheit voraus.“ (Zunke: Hirnforschung, S. 143) Umgekehrt: Wer das obige Newtonsche Gesetz liest und zum ersten Mal begreifen will, muss ebenfalls seine absolute Spontaneität des Denkens (und damit seine Freiheit) aufbringen, denn ohne die gedankliche Verknüpfung der Termini ‚Massen’ mit dem logischen Prädikat ‚ziehen sich an’ im obigen Urteil ist die Aussage nicht verständlich, jemand könnte sie vielleicht vorlesen, aber nicht begreifen und verstehen ohne die absolute Spontaneität bei der Verknüpfung von Subjekt und Prädikat. Denn die Bedeutung des Urteils ist umfangreicher als die beiden Einzelaussagen.

Absolut heißt unbedingt. Nun ist unser empirisches Denken durchaus bedingt: Durch unsere bisherige Erfahrung, durch unsere Schulbildung, durch unsere Gewohnheit, sich mit abstrakten Begriffen zu beschäftigen usw. Und so kann Unbildung das Begreifen dieses Satzes, etwa wenn man keinen Begriff von ‚Masse’ hat, verhindern. Hat man aber die Voraussetzung zum Begreifen dieses Satzes, dann impliziert der Akt des Begreifens die absolute Spontaneität des Denkens (damit ich mir z.B. die Bahn der Erde um die Sonne erklären kann). Jeder schöpferische Akt des Denkens und jedes Erkennen von etwas Neuem (in Bezug auf das empirische Subjekt) setzt die absolute Spontaneität des Denkens voraus. Wörter fügen sich nicht von selbst zu Sätzen oder Urteilen zusammen und es gilt: „Das Denken unterliegt nicht der Schwerkraft, es begreift sie.“ (Zunke: Hirnforschung, S. 144)

Wenn Kautsky, Lenin u. a. die absolute Spontaneität des Denkens leugnen – im Widerspruch zu ihrer eigenen theoretischen Tätigkeit, ähnlich wie heutige Hirnforscher, dann muss man fragen, woher denn neue Erkenntnisse kommen und wie kann man diese im nachhinein verstehen. „Ohne die Annahme der Freiheit des Denkens, nämlich der Fähigkeit zur Spontaneität der Begriffsbildung eines selbstbewussten Subjekts, wird das Vermögen des Erkennens und Begreifen unerklärlich. Wäre Erkennen eine Naturbewegung des Organs Gehirn (oder anderer Materie, B.G.), so würde im Erkennen der Naturgesetze die Natur ein Bewusstsein von sich erhalten und wäre somit das Subjekt der Erkenntnis, welches in letzter Konsequenz als selbstbewusstes und freies gedacht werden müsste. In einer solchen Vergottung der Natur gerät die evolutionäre Erkenntnistheorie, in welcher die Neuroepistemologie ihre Wurzeln hat.“ (Zunke: Hirnforschung, S. 144) Diese Vergottung der Natur ist Kautskys Naturalismus und seinem sozialen Darwinismus nicht unähnlich (siehe: „Der freie Wille“).

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Die Einheit des Bewusstseins und das Selbstbewusstsein

An dem Newtonschen Gesetz lassen sich weitere Bestimmungen unseres Denkvermögens demonstrieren. Zwei Begriffe wie Masse und Anziehung zu verbinden, setzt die Einheit des Bewusstseins und damit den Satz vom zu vermeidenden Widerspruch voraus. Denn diese Aussage schließt den Satz; „Massen ziehen sich auch nicht an“, aus, zusammen behauptet widersprechen sie sich. Ein Bewusstsein, das beide Sätze zuließe, zerstörte sich selbst, es wäre schizophren und kein Bewusstsein mehr, das in der Praxis etwas bewirken könnte, d.h., es könnte nicht in der Natur überleben. Ohne die Einheit des Bewusstseins keinen Verstand, keine Vernunft und keine Wissenschaft.

Indem das Bewusstsein seinen Gegenstand denkt, muss es auch sich selbst und seine Beziehung zum Gegenstand denken, ob der Begriff adäquat und stimmig den Gegenstand bestimmt. Es muss dadurch auf seine Beziehung zum Gegenstand (Verhältnis von Subjekt und Objekt) und auf sein Erkenntnisvermögen (Logik) reflektieren – somit ist es nicht nur erkennendes Bewusstsein, sondern zugleich Selbstbewusstsein: Das Denken des Denkens, das Bewusstsein von der eigenen Vernunft. Da die Vernunft nicht unmittelbar  empirisch vorhanden ist, können wir sie nur als Selbstbewusstsein denken. Als Selbstbewusstsein weiß es, dass es selbst es ist, seine menschliche Subjektivität, die alle Begriffe erzeugt und auf ihre Übereinstimmung mit den Gegenständen des Denkens prüft.

Das Allgemeine und die Vernunft

Fällt mir ein Stein auf den Fuß, dann habe ich die Wahrnehmung eines Schmerzes. Mache ich öfter diese Erfahrung, dann kann ich sie verallgemeinern, indem der Verstand sie als kinetische Energie bestimmt, ähnlich mit elektrischer Energie, Wärmeenergie u. a. Gehe ich weiter und suche einen allgemeinen Begriff der Energie, der alle diese Energiearten, die sinnlich völlig verschieden wahrgenommen werden, einbegreift, dann ist das eine Tätigkeit der Vernunft, die aus den Urteilen des Verstandes Schlüsse zieht und sie unter die Einheit des Bewusstseins bringt. Bekanntlich hat Einstein diesen allgemeinen Begriff der Energie erkannt. Einsteins E = m x c² ist das Resultat dieses Vernunftschlusses. Der Begriff der Energie in dieser Formel ist kein aus der empirischen Erfahrung gewonnener Verstandesbebegriff, sondern ein reiner Begriff oder Vernunftbegriff (rein bedeutet ohne empirischen Inhalt). Obwohl er nicht aus der Erfahrung gewonnen ist, kann ich mit ihm in der Praxis, z.B. in Atomkraftwerken, wirken und diese organisieren.

Die Vernunft kann also aus sich heraus Begriffe bilden, die zwar prinzipiell die äußere Realität voraussetzen, aber nicht aus ihr empirisch gewonnen werden. Ist dies möglich, dann kann die Vernunft auch moralische Begriffe bilden, die das Zusammenstimmen der vernünftigen Sinneswesen, der Menschen, regeln. Vernunft ist nach Kant das Vermögen zu Ideen (reinen Begriffen) und das Vermögen zu schließen. Als solches Vermögen kann die Vernunft Resultate hervorbringen, die allgemein gültig sind (entsprechend den Wahrheitskriterien Widerspruchsfreiheit und Praxisrelvanz). Jeder Mensch kann diese Resultate kraft seines eigenen Vernunftvermögens einsehen und deshalb akzeptieren. Eine individuelle Vernunft kann es ebenso wenig geben wie eine partikulare Vernunft, auch wenn die allgemeine Vernunft nur in Individuen denkt. Zwar ist Vernunft nicht einfach vorhanden und wir müssen sie nur entdecken – wie Hegel meinte -, sondern was vernünftig ist, wird von der menschlichen Subjektivität allererst in Anbetracht der Natur und seiner eigenen historischen Erfahrungen produziert oder gesetzt, aber diese Subjektivität ist im Wesentlichen die Subjektivität der Spezies Mensch. Indem ich das allgemein Gültige mittels Vernunft denke, denkt in mir zugleich die Menschheit. Das Ich erweitert sich zum Wir. Fünf und sieben ist zwölf. Das denke ich so, das denkt aber auch jeder andere Mensch, also ist es nicht nur etwas Individuelles, sondern Geist. Der Geist ist das allgemeine Bewusstsein, der in dem individuellen Bewusstsein zur Erscheinung kommt. (Zum Verhältnis von Geist und Materie neuerdings Zunke: Hirnforschung; eine Zusammenfassung dieses Verhältnisses in unserer Rezension dieses Werkes in Erinnyen Nr. 20.)

Auch ist das Vernünftige als Resultat des Denkens historisch insofern, als die Wahrheit keine Münze ist, die einfach eingestrichen werden kann, sondern die sich in der Argumentation Pro und Kontra, durch Reflexion und Schlüsse erst herausgebildet hat. Aber für den Einzelnen ist der avancierte Stand der Vernunft dasjenige, was Anerkennung verdient, weil es Resultat der Geschichte des Denkens (der Philosophie) ist. Damit dieses Resultat eingesehen werden kann, darf kein Umweg, kein falsches Philosophem einfach wie Schlacke vom Metall der Wahrheit weggenommen werden, sondern für die Wahrheit gilt, sie ist index sui et falsi (Spinoza). Dies haben Amateurphilosophen wie Lenin oder Problemblinde wie Kautsky nicht bedacht. Sie haben die Gedanken danach sortiert, ob sie ihnen nützlich waren. Eine Instrumentalisierung der Philosophie zerstört aber nicht nur diese, sondern auch die Praxis, die aus ihr folgen soll. Sie haben die Geschichte der Philosophie als Steinbruch für ihre „Weltanschauung“ benutzt und nicht gesehen, dass die Geschichte der Philosophie – bei allen Umwegen und Brüchen – eine Entwicklung zur Wahrheit darstellt, sodass das Resultat nicht ohne seine Genesis zu verstehen und einsehbar ist, auch wenn das gültige Resultat nicht in seiner Genesis aufgeht. Denn Vernunft hat es nicht mit der Empirie zu tun, sondern mit Schlussfolgerungen aus den Resultaten des Verstandes.

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Letzte Aktualisierung:  08.09.2009